Der Buddhist vertraut einem Menschen (dem Buddha), der von sich selbst sagt, dass er 'verwirklicht' sei, und folgt dessen mündlich überlieferter und schriftlich festgehaltener Lehre, von der diese sagt, dass sie zur 'Verwirklichung' führe. Er tut dies ohne eine Möglichkeit erkennen zu können ob dies stimmt bevor er nicht selber diese 'Verwirklichung' erreicht hat. Er tut dies als 'Gläubiger', oder in buddhistischer Terminologie, als Saddhavimutta, als 'Vertrauenserlöster'. Schritt für Schritt wächst er so in der 'Verwirklichung' der Lehre.
Der Christ glaubt in ebensolcher Weise dem Christus und dessen mündlich überlieferter und schriftlich festgehaltener Lehre - ebenfalls ohne Möglichkeit der Erkenntnis des Wahrheitsgehalts dieses Weges vor der Zielerreichung (der 'Verwirklichung'). Er tut dies 'im Glauben', als im Glauben Erlöster.
Lied:
VOM GEIST GEFÜHRT
Dhammapada Vers 1
Trotzdem gibt es Zeichen des Fortschreitens, Wegzeichen, die den Vertrauenden ermutigen den Weg weiter zu gehen - die Bibel nennt sie 'Frucht des Geistes' oder auch 'Frucht des Lichts':
Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. (Gal 5,22)
Die Frucht des Lichtes besteht nämlich in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit. (Eph 5,9)
Wo solche 'Früchte' wahrnehmbar sind - in uns selber oder im Mitmenschen - da kann die 'Verwirklichung', da kann 'Gott' nicht weit sein. Das ist keine Frage der Religionszugehörigkeit. Jeder Mensch ist potenziell ein Kind Gottes, ein Anwärter auf die Buddhaschaft.
Eine meiner Lieblingsbibelstellen ist diese:
Die gesamte Schöpfung wartet sehnlich auf Menschen, in denen sich offenbart, dass sie Söhne und Töchter Gottes sind... Sie soll die Freiheit gewinnen, die herrliche, die den Kindern Gottes bestimmt ist. (Röm 8,19-21)
Hier wird deutlich, dass die ganze Schöpfung, alle Kreatur diese Freiheit erlangen soll. Und dass den 'Kindern Gottes' (den Bodhisattvas[1]) darin eine wichtige Aufgabe zufällt. Die Schöpfung 'weiss', weshalb sie auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes, auf verwirklichte 'Arahants'[2] wartet...
[1] Bodhisattva,
Sanskrit von Bodhi [„Erleuchtung“ oder „Erwachen“] und Sattva [„Wesen“])
bedeutet „Erleuchtungswesen“ (Pali: bodhisatta). Im Mahayana-Buddhismus werden
Bodhisattvas als nach höchster Erkenntnis strebende Wesen angesehen, die auf
dem Wege der „Tugendvollkommenheit“ (sanskrit: paramita) die „Buddhaschaft“
anstreben bzw. in sich selbst realisieren, um sie zum Heil aller lebenden Wesen
einzusetzen. Diese Ausgangsmotivation wird „Erleuchtungsgeist“ (bodhicitta)
genannt. Praktizierende verschiedener Traditionen des Mahayana rezitieren
Bodhisattva-Gelübde und bekunden damit ihren Willen auch selbst diesen Weg zu
gehen. Kern der Bodhisattva-Philosophie ist der Gedanke, nicht selbst und allein
für sich Erleuchtung zu erlangen und damit das Nirwana zu realisieren, sondern
statt dessen zuvor allen anderen Wesenheiten zu helfen, sich ebenfalls aus dem
endlosen Kreislauf der Reinkarnationen (Samsara) zu befreien. (Wikipedia)
[2]
Der Begriff Arahant
bezeichnet im Theravada-Buddhismus den Heiligen, der vollständig Gier, Hass und
Verblendung abgelegt hat. Er wird durch das Erreichen des Nirwana nicht mehr
wiedergeboren. Bereits zu Lebzeiten des Buddha sollen viele seiner Schüler
durch seine Vipassana-Meditation zu Arahants geworden sein. In den frühen
indischen Texten wird die Erlangung der Arahantschaft als das letzte und
höchste Ziel der buddhistischen Praxis angesehen. Der wesentliche Unterschied
zwischen einem Arahant und seiner Entsprechung im Mahayana, dem Bodhisattva ist
es, dass ein Arahant den letzten Schritt in das Nirwana nicht freiwillig
aufschiebt, um den anderen Wesen auf dem Weg aus dem Leiden zu helfen. Der
Grund dafür ist aber nicht etwa Egoismus, sondern die Überzeugung des
Theravada, dass dies nicht möglich ist. Jedes Wesen ist entsprechend dem Gesetz
des Karma für seine Handlungen selbst verantwortlich, eine Übertragung von
Verdiensten auf andere Wesen ist nicht möglich. Ein Arahant versucht daher
durch das Lehren des Dharma (Pali: Dhamma) die anderen Wesen auf ihrem Weg zur
Erleuchtung zu unterstützen. Jeder Versuch, eine Erlösung außerhalb von sich
selbst bei anderen Wesen zu suchen, führt aus der Sicht des Theravada zu einer
weiteren Verstrickung in die samsarische Welt.